David
Magic Moment(s)
Nach über 2.400 Kilometer haben wir den Bundesstaat New South Wales erreicht und mussten direkt in Byron Bay haltmachen. Ein Mix aus Hippie-Küstenstadt und Surferhotspot, in der die Locals noch das Sagen haben. Und genau hier, als wir durch das "Dorf" schlenderten, wurden wir mal wieder überrascht, als wir von einem Obdachlosen angesprochen wurden ...

Jetzt gerade sitzen wir in unserem kleinen "Wohnzimmer", bei Kerzenschein und mit Lichterkette (ohne geht's natürlich nicht, meinte Eva. Wie recht sie hat ... ;)). Unser heutiger Stellplatz, ein großer Parkplatz nahe dem A1 Ocean Highway, umringt von dutzenden LKWs — mag auf den ersten Blick nicht wirklich sexy sein. Bis Freitag haben wir noch ein paar Kilometer nach Sydney vor uns, daher war die Wahl unseres heutigen Schlafplatzes eher zweitrangig. Wir fuhren bis es dunkel wurde, und hier waren wir nun. Was ich damit sagen möchte, egal wo wir unser Lager aufschlagen, ob an einem abgelegenen Camperground mit direktem Strandzugang, ein auf Privatgelände stehender Hügel mit 360° Blick so weit das Auge reicht, oder dieser einfache Parkplatz, sobald die Musik läuft, die Lichterkette an ist und wir die Kochplatten starten, fühlt es sich (fast) so an wie zuhause. Und genau das ist für uns ein Magic Moment, den wir jeden Abend, egal wo wir uns befinden, erleben dürfen und extrem zu schätzen wissen.
Unsere Liste mit den "must-sees" zeigt viele atemberaubende Orte auf unserer Reise. Ein Magic Moment ist aber für jeden Definitionssache – für uns am liebsten unerwartet und so simpel wie möglich. Den einen erleben wir auf der Straße, den anderen beim Wandern im Wald, oder beim Betreten eines Geschäftes. Denn egal wohin man kommt, man wird immer mit offenen Armen empfangen und direkt in ein Gespräch verwickelt. Die Offenheit und Herzlichkeit, die uns hier in Australien entgegengebracht wird, ist was ganz Besonderes. Davon möchte man sich glatt eine Scheibe abschneiden und mit nach Hause nehmen, daher ist dieser vermeintlich einfache Moment für uns so magic.
Bevor wir heute Abend an diesem Parkplatz unser Lager aufgeschlagen haben, machten wir einen kurzen Stopp am Emerald Beach. Der Strand ist zum einen bei Surfern sehr populär, zum anderen aber auch für einen gemütlichen Spaziergang im Küstengebiet mit dem "Look at me now headland" perfekt – landschaftlich ein Wahnsinn. Ein wenig hatten wir vorab darüber gelesen, daher waren wir nicht ganz so überrascht, als wir von einem Dutzend frei herumlaufender Kangaroos nahe der Klippen empfangen wurden. Und fast hätten wir schon vorzeitig, so wie ein paar Besucher vor uns, den Rückweg angetreten, da es schon wieder einmal genau in dem Moment zu regnen begonnen hatte. Wir warfen noch einen letzten Blick von oben auf die Surfer, als sich plötzlich für uns, und mit 100%iger Sicherheit auch für die Surfer, genau einer dieser Magic Moments ereignete. Direkt neben den Jungs im Wasser tauchte eine Horde Delphine auf, die sich beim Wellenreiten angeschlossen haben. Für uns war das schon spektakulär zu beobachten, aber wie muss das erst für die Surfer im Wasser gewesen sein??? Und plötzlich war der Regen nur noch Nebensache.
Apropos wenn wir schon beim Regen sind: wann seid ihr das letzte Mal im Regen (ganz ohne Regenschirm oder Jacke) spaziert und habt es einfach nur genossen? Nach den enormen Buschfeuern in den letzten Monaten gibt Muttererde gerade reichlich Wasser zurück, auf das wir nicht immer eingestellt sind. Wieder zurück in Byron Bay wollten wir unsere Surfskills in Form von einem Theoriekurs (also einfach ein paar Leute auf den Wellen vom Strand aus beobachten ;)) verbessern, und haben den nächstgelegenen Surfspot angesteuert. Mit dabei meine Kamera. Immer auf der Suche nach dem perfekten Foto. Als sich wieder Regen ankündigte, hatte ich zugleich mein nächstes Motiv im Blick, das ich nicht mehr ausser Acht lassen wollte. Der Regen wurde natürlich immer stärker, daher drückte ich die letzten Male auf den Auslöser, bevor die Kamera in die Plastiktüte wanderte. Eva und ich waren zu dem Zeitpunkt schon "waschlnass", was uns aber einfach egal war. Wir rannten einmal quer über den Strand, mittlerweile schüttete es in Strömen, aber auch das hatte etwas Magisches. Im Camper zurück und wieder trocken, musste ich direkt einen Blick auf die Bilder werfen. Der Ausflug mit dem nassen Ende hat sich mehr als gelohnt (seht selbst, das erste Bild unten).
Und zu guter Letzt muss die Geschichte von dem Aufeinandertreffen in Byron Bay zu Ende erzählt werden. Was ist normalerweise unser erster Gedanke, wenn man von einem Obdachlosen angesprochen wird? Man wird nach ein paar Münzen gefragt, oder? Auch ich hatte in diesem Moment, diesen Gedanken sofort im Kopf. Aber es kam ganz anders. Der freundliche Unbekannte streckte mir eine Flasche Mineralwasser entgegen. Er fragte mich höflich, ob ich ihm beim Öffnen der Flasche helfen könne ...
Sechs Wochen sind nun vergangen – sozusagen HALBZEIT unserer Reise. Einige Sichtweisen auf das Leben verändern sich dank dieser besonderen Erlebnisse spürbar. Auf was kommt es wirklich an? Wie gehen wir miteinander um? Vorurteile, weswegen? Das ist nur ein Bruchteil an Fragen, die uns momentan immer wieder zu denken geben.
Wir können es kaum erwarten, was noch so kommt ...










